12/03/2014 0 Kommentare
Unzulässige Verleitung zum Abschluss eines Vertrages mit einem Fitnessstudio
Die Beklagte hatte über eine Werbeaussendung ein Angebot eines Fitnessstudios erhalten, wonach untrainierte Personen für eine Studie gesucht wurden,...
mehr
Die Beklagte hatte über eine Werbeaussendung ein Angebot eines Fitnessstudios erhalten, wonach untrainierte Personen für eine Studie gesucht wurden, die 4 Wochen lang etwas für ihre Figur und Gesundheit tun wollten. Aus dem Flugblatt ging hervor, dass für diese Studie eine Schutzgebühr von lediglich EUR 29,90 inklusive aller Tests, Kurse, Trainings- und Wellnessangebote zu bezahlen ist und dass die Anmeldung bis zu einem bestimmten Termin zu erfolgen hat.
Die Beklagte suchte aufgrund dieser Postwurfsendung das Studio der klagenden Partei auf, um genau an dieser Studie teilzunehmen. Nachdem ein Mitarbeiter des Fitnessstudios der Beklagten erklärte, dass es für sie besser sei, gleich einen längerfristigen Vertrag zu unterschreiben als an der Fitnessstudie teilzunehmen, unterschrieb die Beklagte einen solchen unkündbaren Einjahresvertrag zu einem monatlichen Mitgliedsbeitrag von EUR 49,90.
Als die Beklagte 2 Tage nach Unterfertigung dieses Vertrages realisierte, dass sie eine solche Mitgliedschaft eigentlich nicht wollte, hat sie eine sofortige Kündigung ausgesprochen. Diese wurde vom Studio aber nicht mehr akzeptiert. Es wurde ihr mitgeteilt, dass ein Rücktrittsrecht nach Konsumentenschutzgesetz nicht bestehe, weil die Beklagte selbst das Studio aufgesucht habe und kein Haustürgeschäft bzw. keine Vertragsanbahnung auf der Straße erfolgt ist.
Das Fitnessstudio klagte sodann auf Zuhaltung des Vertrages, welcher für 1 Jahr unkündbar war und auf Bezahlung von 12 Mitgliedsbeiträgen samt Gebühren und Spesen. Die Beklagte rechtfertigte sich im Verfahren damit, dass sie zum einen Konsumentin / Verbraucherin ist und zum Anderen das Fitnessstudio wegen eines bestimmten Zwecks, nämlich der Teilnahme an einer 4-wöchigen Studie mit sämtlichen Trainingsmöglichkeiten und Wellnessangeboten um EUR 29,90 anstelle Abschluss eines langfristigen, wesentlich teureren Vertrages aufsuchte. Sie berief sich auf das Rücktrittsrecht gemäß Konsumentenschutzgesetz.
Die Beklagte erhielt vom Gericht vollinhaltlich Recht.
§ 3 KSchG räumt dem Verbraucher ein Rücktrittsrecht binnen einer Woche ein (welche Frist aber erst nach Erhalt einer schriftlichen Belehrung über dieses Rücktrittsrecht zu laufen beginnen kann), wenn der Verbraucher seine Vertragserklärung weder in den vom Unternehmer für seine geschäftlichen Zwecke dauernd benützten Räumen noch bei einem von diesem dafür auf einer Messe oder Markt benützten Stand abgegeben hat. Dieses Rücktrittsrecht gilt auch dann, wenn der Unternehmer den Verbraucher durch persönliches individuelles Ansprechen auf der Straße, im Rahmen einer Werbefahrt, einer Ausflugsfahrt oder einer ähnlichen Veranstaltung in die vom Unternehmer für seine geschäftlichen Zwecke benützten Räume gebracht hat.
Für die Beklagte bestand ein Rücktrittsrecht gemäß § 3 KSchG analog zur zitierten Bestimmung: Sie hat zwar selbst das Studio der klagenden Partei aufgesucht, allerdings nur aufgrund einer Werbeaussendung der klagenden Partei, um genau jenes Paket in Anspruch zu nehmen, das in der Werbeaussendung beworben wurde. Tatsächlich wurde ihr aber ein anderes Paket, nämlich ein 1-Jahresvertrag, verkauft. Der Beklagten stand daher ein Rücktrittsrecht zu, welches sie fristgerecht ausgeübt hat (Entscheidung Bezirksgericht Bruck an der Mur, Beklagtenvertretung: Mag. Dieter Koch).
Kommentare