30/10/2025 von Mike Majnik 0 Kommentare
Bahnbrechende OGH-Urteile: Kreditbearbeitungsentgelte unzulässig – Rückforderung gegen UniCredit Bank Austria, BAWAG PSK und weitere Banken
Kreditbearbeitungsgebühren vor dem OGH (2 Ob 52/25y; 2 Ob 92/25f, entschieden am 23.10.2025):
Verbraucher erhalten erneut Recht – UniCredit Bank Austria AG und BAWAG P.S.K. Bank für Arbeit und Wirtschaft und Österreichische Postsparkasse Aktiengesellschaft müssen unzulässige Kreditentgelte erstatten. Zahlreiche Kreditverträge weiterer Banken sind betroffen.
Mit den Entscheidungen 2 Ob 52/25y (UniCredit Bank Austria AG) und 2 Ob 92/25f (BAWAG P.S.K. Bank für Arbeit und Wirtschaft und Österreichische Postsparkasse Aktiengesellschaft) festigt der Oberste Gerichtshof (OGH) seine verbraucherfreundliche Rechtsprechung zur Unzulässigkeit von Kreditbearbeitungsgebühren und sonstigen Kreditentgelten. Der OGH stellt klar, dass pauschale Zusatzentgelte für originäre Bankleistungen – wie die Bearbeitung des Kreditantrags, die Bonitätsprüfung oder die Erstellung der Vertragsunterlagen – der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB unterliegen und bei grober Kostenüberschreitung nichtig sind. Zugleich erklärt der OGH intransparent ausgestaltete Entgeltpakete, in denen sich Bearbeitungsgebühr und Einzelspesen nicht klar abgrenzen lassen, nach § 6 Abs 3 KSchG für unverbindlich. Damit nimmt der Gerichtshof ausdrücklich Abstand von älteren Entscheidungen (6 Ob 13/16d; 10 Ob 31/16f) und bestätigt die jüngere Linie (7 Ob 169/24i), wonach Kreditbearbeitungsentgelte als Nebenentgelte einer strengen Inhalts- und Transparenzkontrolle unterliegen. Eine vertiefte Einordnung finden Sie in unserem Beitrag „KREDITBEARBEITUNGSGEBÜHREN ZURÜCKFORDERN: OGH ERKLÄRT ENTGELTE FÜR UNZULÄSSIG“.
§ 879 Abs 3 ABGB: Gröbliche Benachteiligung durch pauschale Kreditbearbeitungsgebühren
Der Oberste Gerichtshof qualifiziert das Kreditbearbeitungsentgelt in der Entscheidung 2 Ob 52/25y nicht als Teil der Hauptleistung, sondern als Nebenentgelt, das der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB unterliegt. Der OGH stellt klar, dass pauschalierte Kreditbearbeitungsgebühren nur dann zulässig sind, solange sie den konkreten, dem Kreditgeber tatsächlich entstehenden Kostenaufwand nicht grob überschreiten. Die von der Bank behaupteten 20 bis 23 Stunden Bearbeitungszeit rechtfertigen die verlangten Bearbeitungsspesen von 20.850 EUR offenkundig nicht, sodass eine grobe Überschreitung des zulässigen Kostenmaßstabs und damit eine gröbliche Benachteiligung vorliegt. Aufgrund dieser gröblichen Benachteiligung erklärt der OGH die Kreditbearbeitungsgebühren-Klausel für nichtig und verpflichtet die Bank zur Rückzahlung der vereinnahmten Bearbeitungsspesen.
§ 6 Abs 3 KSchG: Intransparente Kreditbearbeitungsgebühren und Doppelverrechnungen
Der Oberste Gerichtshof qualifiziert die in 2 Ob 92/25f verwendeten Kreditbearbeitungsgebühren als intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG, weil sich die Bearbeitungsgebühr nicht klar von weiteren vereinbarten Einzelentgelten wie der Liegenschaftsbesichtigung und -bewertung, der Grundbuchsüberprüfung sowie der Abwicklung über einen Treuhänder abgrenzen lässt. Der Gerichtshof stützt diese Bewertung ausdrücklich auf die Vorjudikatur, insbesondere auf 2 Ob 238/23y, 4 Ob 181/24g und 5 Ob 191/24k, aus der hervorgeht, dass Überschneidungen und Doppelverrechnungen für Verbraucher klar erkennbar und überprüfbar sein müssen. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen legen nicht offen, welche spezifischen Leistungen durch das Bearbeitungsentgelt abgegolten werden, sodass der Verbraucher die Art und den Umfang der tatsächlich erbrachten Dienstleistungen anhand des Vertrags nicht angemessen verstehen kann. Aufgrund dieser Intransparenz erklärt der Oberste Gerichtshof die Klausel für unverbindlich und bejaht die Rückforderbarkeit der geleisteten Kreditbearbeitungsentgelte.
Was Kreditnehmer jetzt tun sollten
- Bezahlte Kreditbearbeitungsgebühren und Bearbeitungsspesen können vollständig zurückgefordert werden, wenn sie gegen § 879 Abs 3 ABGB oder § 6 Abs 3 KSchG verstoßen.
- Zusätzlich zur Rückzahlung der Entgelte sind regelmäßig 4 % Zinsen pro Jahr ab dem jeweiligen Zahlungstag beanspruchbar, sodass sich die Durchsetzung der Ansprüche finanziell deutlich lohnt.
- Neben der Bearbeitungsgebühr sollten auch weitere, häufig kumulativ verrechnete Entgelte wie Kontoführungsgebühren, Erhebungsspesen, Prolongationsgebühren, Konvertierungsgebühren oder Lohnvormerkgebühren systematisch auf ihre Rückforderbarkeit geprüft werden.
- Bei in Schweizer Franken (CHF) aufgenommenen Krediten kann eine Rückzahlung in Euro zu einem Wechselkursvorteil führen, der etwaige Fremdwährungsverluste teilweise kompensieren kann.
- Für Unternehmerdarlehen und von Banken behauptete Individualvereinbarungen ist eine gesonderte Einzelfallprüfung geboten, wobei § 879 Abs 3 ABGB regelmäßig einen tragfähigen Ansatzpunkt für die AGB-Inhaltskontrolle bietet.
Ihr Vorteil mit Koch Rechtsanwälte: Rückforderung von Kreditbearbeitungsgebühren effizient durchsetzen
- Wir prüfen Ihren Kreditvertrag, die einschlägigen AGB sowie die relevanten Kontoauszüge vollständig und strukturiert.
- Wir bereiten Ihre Unterlagen professionell auf, fordern fehlende Dokumente – insbesondere fehlende Kontoauszüge oder Entgeltaufstellungen – bei der Bank ein und erfassen sämtliche Entgelte (Bearbeitungsgebühren, laufende Spesen, Einzelentgelte) systematisch in einer strukturierten Übersicht.
- Wir erarbeiten die Anspruchsgrundlagen nach § 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 3 KSchG mit klarer Argumentationslinie, fundierter OGH-/EuGH-Zitierung und belastbaren Beweisangeboten.
- Wir setzen Ihre Rückzahlungsansprüche einschließlich der gesetzlichen Zinsen sowohl außergerichtlich durch präzise Aufforderungsschreiben als auch gerichtlich durch.
- Sofern zum Zeitpunkt des Kreditvertragsabschlusses eine Rechtsschutzversicherung bestand, übernehmen wir die vollständige Deckungsanfrage und die gesamte Kommunikation mit der Rechtsschutzversicherung, um Ihren Aufwand zu minimieren.
Häufige Fragen zur Rückforderung von Kreditbearbeitungsgebühren
- Die aktuellen OGH-Entscheidungen betreffen im Anlassfall die UniCredit Bank Austria AG und die BAWAG P.S.K. Bank für Arbeit und Wirtschaft und Österreichische Postsparkasse Aktiengesellschaft, können jedoch aufgrund ihrer grundsätzlichen Aussagen zu Kreditbearbeitungsgebühren und Intransparenz zahlreiche Kreditverträge weiterer Banken erfassen, sodass auch Verträge mit anderen Instituten geprüft werden sollten.
- Die jüngste Judikatur des OGH ist grundsätzlich auch für ältere Kreditverträge relevant, wobei Verjährungsfragen stets einzelfallabhängig zu beurteilen sind und deshalb eine rasche rechtliche Abklärung empfohlen wird.
- Zinsen machen wir für Sie aktiv geltend, und wir beziffern Beginn sowie Höhe auf Basis des konkreten Anspruchsgrundes und der geleisteten Zahlungen, damit Sie den vollen finanziellen Nutzen erhalten.
- Von Banken angebotene freiwillige Teilrückzahlungen sollten stets anwaltlich geprüft werden, weil häufig gesetzliche Zinsen fehlen, nur reduzierte Beträge erstattet werden oder durch pauschale Erledigungen weitergehende Ansprüche ausgeschlossen werden könnten.
Koch Rechtsanwälte: Ihre Experten für die Rückforderung unzulässiger Kreditentgelte
Lassen Sie Ihre Kreditunterlagen jetzt prüfen und erfahren Sie, welche Entgelte rückforderbar sind. Besuchen Sie unsere Seite Bankrecht, um mehr über die Rückerstattung von Kreditbearbeitungsgebühren und aktuelle Entwicklungen im Bank- und Konsumentenschutzrecht zu erfahren.
Kommentare